Vortrag "Warum wir unsere Kekse teilen"

Datum: 
Donnerstag, 3. November 2016 - 19:00
Alfred Schulz, stellvertr. Vorsitzender der SHG begrüßt Frau Prof. Anne Böckler-Raettig
Prof. Böckler beim Vortrag
Prof. Böckler

Vortrag von Frau Professor Anne Böckler-Raettig am 3.11.2016

„Warum wir unsere Kekse teilen“

Die Simon-Höchheimer-Gesellschaft veranstaltet seit Jahren Vorträge zu gesellschaftlich relevanten Themen außerhalb des Bezugs zum jüdischen Kulturmuseums in Veitshöchheim. Der stellvertretende Vorsitzende der SHG stellte in seiner Begrüßung Ansprache folgendes fest: als Bürger des 21. Jahrhunderts stehen wir vor zahlreichen Herausforderungen einer industrialisierten und globalisierten Welt. Wir sind gefragt, mit der Verknappung natürlicher Rohstoffe und den Klimawandel umzugehen wie auch Menschen, die vor Hunger und Verfolgung fliehen, in unsere Gesellschaften zu integrieren. Dafür braucht es von Politikern und von der Bevölkerung Großzügigkeit, Kooperation und Hilfsbereitschaft. In diesem Zusammenhang kommt dem Begriff „Altruismus“ eine besondere Bedeutung zu. Laut Wikipedia bezeichnet Altruismus in der Alltagssprache „Uneigennützigkeit, Selbstlosigkeit, durch Rücksicht auf andere gekennzeichnete Denk-und Handlungsweise“.

Zu diesem für unsere Gesellschaft bedeutenden Themenkomplex konnte die SHG für den 3.11.2016 eine Veranstaltung im Rathaussaal der Gemeinde Veitshöchheim organisieren, in der Frau Professorin Doktor Anne Böckler vom Department of Psychology der Uni Würzburg mit ihrem Referat „Warum wir unsere Kekse teilen“ Einsichten ihres Fachgebietes aus der aktuellen psychologischen Forschung vorstellte.

Sie beleuchtete die emotionalen und kognitiven Prozesse, die eine Rolle spielen, wenn wir mit anderen Menschen interagieren und zeigte Motive auf, die großzügigem, hilfsbereitem – kurz: altruistischem Verhalten zu Grunde liegen. eingangs betonte sie, dass das Erleben in einer Gruppe nicht ohne Herausforderungen und Probleme ist, wie beispielsweise ansteckende Krankheiten, die Verteilung begrenzter Ressourcen, die Integration zu vieler Flüchtlinge, mangelnde Nachhaltigkeit in Bezug auf die nächsten Generationen und Fallstricke wie Stereotypisierung, Ingroup-Outgroup-Denken, was sich in Aggressivität und Gewalt steigern kann, sowie Konformität und Gruppendenken.

Eine Rolle spielen beim Altruismus die emotionalen und kognitiven Prozesse wie Empathie und Mitgefühl, also zum Beispiel bei Flüchtlingen das Vermögen, sich in Eigenarten eines Gegenübers mit anderen kulturellem Hintergrund einfüllen zu können und die Perspektiven Übernahme, also die Fähigkeit, sich in eine andere Person hinein zu versetzen und die Welt aus deren Blickwinkel zu betrachten. Der Begriff kognitiv bezeichnet solche Funktionen des Menschen, die mit Wahrnehmung, Lernen, erinnern und denken, also der menschlichen Erkenntnis-und Informationsverarbeitung in Zusammenhang stehen. Neben den kognitiven Funktionen sind die emotionalen Gesichtspunkte und der Bereich der Motive für die menschliche Erkenntnisverarbeitung von Bedeutung.

Frau Böckler ist seit Oktober 2015 Juniorprofessorin am Institut für Psychologie der Universität Würzburg. Zuvor war sie Postdoktorandin in der Abteilung für soziale Neuerungen Wissenschaften am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, wo sie gemeinsam mit ihren Kollegen in einer Studie untersucht hat, wie Empathie und das Vermögen zu verstehen was andere Menschen wissen und planen, miteinander zusammenhängen. Ihre Erkenntnis: Menschen, die sich gut in andere hineinfühlen können, müssen diese nicht unbedingt auch gut verstehen. Im Gegenteil: überbordende einfüllen kann das Verstehen sogar beeinträchtigen. Wegen der beste Freund erzählt, dass seine Partnerin ihm gerade vorgeschlagen habe, sie sollten „gute Freunde“ bleiben, muss in diesem Moment 2 Leistungen vollbringen: zum einen sollte er verstehen, dass sich hinter diesem gut klingenden Vorschlag eine Trennungsankündigung verbirgt. Zum anderen sollte er Mitgefühl mit seinem Freund zeigen und ihm Trost zu sprechen.

Wissenschaftlich untersuchen die UNI-Psychologen, wieso der Mensch in der Lage ist, Gutes zu tun, was ihn dazu bringt (eventuell sinnvoll fürs Überleben, so wie auch im Tierreich?). Es gibt verschiedene Motive, die befriedigt werden, damit wir helfen und uns kümmern. Ohne das Belohnungszentrum des Gehirns würde der Mensch wohl so gut wie gar nichts altruistisch machen.

 Auf den umfassenden Vortrag von Frau Professor Böckler folgte eine lebhaft geführte Diskussion der anwesenden Vereinsmitglieder und Gäste. Es blieb jedoch die Frage offen ob es ein Grundbedürfnis des Menschen ist, altruistisch zu sein.

Kategorie: 
Vorträge